Zusammen bastelt man weniger allein

Hand aufs Herz – wie oft haben Sie in letzter Zeit nicht mehr funktionsfähige Haushaltsgeräte entsorgt, anstatt sie zur Reparatur zu geben oder gar einen eigenen Rettungsversuch zu starten? Damit sind Sie nicht allein. In Deutschland wandern pro Jahr durchschnittlich rund 749.000 Tonnen Elektro-Altgeräte in den Müll.

Doch das muss nicht sein, denn etwas selbst zu reparieren, kann große Freude machen. Dieser Überzeugung ist auch Frido Meier, der 2017 das Repair Café im Schelmengraben mit Unterstützung der Mitarbeiterinnen des Stadtteilbüros gegründet hat. Gemeinsam mit seinem Team steht er bei Reparaturvorhaben mit Rat und Tat zur Seite und verhilft so auch verloren geglaubten und lieb gewonnenen Gegenständen - von Spielzeuglokomotiven bis Schallplattenspielern - zu neuem Leben.

Improvisation als Lebensphilosophie

Seine Tüftelleidenschaft entwickelte Meier bereits in jungen Jahren. Gemeinsam mit seinem Vater werkelte er am elterlichen Haus oder setzte Fahrräder instand. Später machte er sein Hobby zum Beruf und arbeitete nach einer Lehre bei der Bundesbahn als Elektromechaniker und Computertechniker für die Frankfurter Rundschau. Ende der 80er zog es Frido Meier als Entwicklungshelfer für den Deutschen Entwicklungsdienst schließlich in die Ferne auf Kuba. Hier war sein Improvisationstalent besonders gefragt. In den Werkstätten war nicht immer ein Ersatzteil zur Hand und so mussten neue Wege für die Reparaturen gefunden werden.

„Ich habe schon immer gerne mit meinen Händen gearbeitet. Reparieren ist für mich etwas sehr Kreatives, das auch viel Fantasie fordert. Es gibt keinen festgelegten Ablauf oder eine Anleitung. Das muss man durch eigene Ideen und Ausprobieren herausfinden. Wenn es funktioniert, ist es ein besonderes Gefühl“, fasst Frido Meier seine Faszination für das Basteln zusammen.

Nach weiteren Aufenthalten in Jamaika, England und den USA kehrte er 2015 nach Deutschland zurück und zog in den Schelmengraben. In der Zeitung ist er auf einen Bericht über ein Repair Café in der Umgebung gestoßen. Schnell war für ihn klar: So etwas muss es auch hier vor Ort geben!

Gemeinschaft steht im Vordergrund

„Von Anfang an war mein Ziel, Menschen im Schelmengraben zusammenzubringen. Über das Reparieren hat man direkt ein gemeinsames Thema und kommt miteinander ins Gespräch und kann sich auch gegenseitig unterstützen“, beschreibt Frido Meier seine Vision.

Bei den Stadtteilmanagerinnen stieß er auf Gehör. Und so startete das Repair Café 2017 zunächst in den Räumlichkeiten des alten Stadtteilzentrums, bevor es noch im gleichen Jahr ins Stadtteilbüro umzog.

Aktuell pausiert das Repair Café aufgrund der Corona-Pandemie. Im Regelbetrieb können Interessierte immer am vierten Samstag im Monat von 10 bis13 Uhr mit ihren Projekten vorbeikommen. Nach einer kurzen Anmeldung des Vorhabens am Empfang kann es auch schon direkt mit dem Tüfteln in entspannter Atmosphäre losgehen. Für die kreative Pause steht Kaffee und Kuchen bereit. Die Teilnahme ist kostenlos, Spenden sind willkommen.

Mit Kreativität und Feingefühl zum Reparaturerfolg

„Bei uns ist jeder herzlich willkommen. Voraussetzungen gibt es so gut wie keine. Wer einen Hammer halten kann und Freude am Ausprobieren und Improvisieren, und auch ein wenig Geduld hat, ist hier richtig“, erklärt Meier.

Allein gelassen wird bei dem eigenen Projekt niemand. Neben dem Gründer helfen noch weitere Erfahrene tatkräftig aus. Und sollte es mal besonders knifflig sein, recherchieren Meier und sein Team Lösungswege, damit es beim nächsten Termin weitergehen kann.

Die Erfolgsquote über die Jahre liegt bei rund 70 Prozent. Überwiegend werden Haushaltsgeräte repariert. Auch Fahrräder werden wieder flott gemacht. Besonders schön ist es, wenn die Reparatur von Kindheits- oder Jugenderinnerungen wie beispielsweise alten Spielzeugpuppen oder Schallplattenspielern gelingt.

Im Schnitt nehmen zehn Personen an den Terminen teil. Die Altersspanne liegt zwischen 30 bis über 60 Jahren. Vor allem Frauen haben das Reparieren für sich entdeckt. Sie machten 2020 rund 75 Prozent der Teilnehmenden aus

Vielseitig engagiert

Neben dem Repair Café hat Meier 2017 auch eine Freizeitgruppe ins Leben gerufen, die sich vor der Corona-Pandemie regelmäßig zum Spielnachmittag traf. Außerdem setzt er sich seit seiner Rückkehr auch im Quartiersrat für die Belange des Quartiers ein.

„Ich lebe gerne im Schelmengraben. Ich genieße das viele Grün und die Atmosphäre. Der Zusammenhalt unter den Menschen ist groß, es gibt viele Ideen und Initiativen. Ich wünsche mir aber, dass das, sobald es wieder möglich ist, noch mehr genutzt wird“, schließt Meier.

Auch wenn die aktuelle Situation gerade zur Pause zwingt, Frido Meier bleibt rührig. Neue Ideen und Pläne hat er schon.

Sie möchten am Repair Café oder der Freizeitgruppe teilnehmen, sobald es wieder möglich ist? Wir halten Sie auf unserer Website auf dem Laufenden, wann die Angebote wieder starten.

Für unsere Porträt-Reihe sind wir regelmäßig auf der Suche nach spannenden Persönlichkeiten aus dem Schelmengraben. Sie haben selbst eine Geschichte zu erzählen oder kennen jemanden? Dann schreiben Sie uns gerne eine E-Mail an schelmengraben@fgundh.de.